Wie Lizenzartikel ins Ü-Ei kamen
Tabaluga, Die Simpsons, Barbie, Schlümpfe, Star Wars und andere Kino- und TV-Ereignisse sind seit Jahren fester Bestandteil in Überraschungseiern. Speziell für das Ü-Ei konzipiert und umgesetzt und natürlich mit der entsprechenden Lizenz des jeweiligen Rechteinhabers. Alles korrekt und alles rechtlich einwandfrei.
Das war nicht immer so.
Es gibt eine graue Frühzeit in der Ü-Ei-Geschichte, als man in Deutschland zum Thema Marken- und Urheberrechte noch recht grün hinter den Ohren war, oder sich einfach keine Gedanken darum machte.
Beispiele gefällig? Die wohl beliebtesten Autos der Ü-Ei-Geschichte sind definitiv die Wiking-Kopien aus den 70ern. Wiking ist an sich für den Modelautomarkt DER Marktführer. In den 70ern
sind diese Autos aus keiner Modelleisenbahn wegzudenken. Grund genug für Ferrero diese kleinen Kunststücke ins Ü-Ei zu packen. Leider waren die Fahrzeuge zu groß für die Eikapsel. Statt die Fahrzeuge also bei Wiking anzukaufen, entschließt man sich kurzerhand, sie in einem kleineren Maßstab nachbauen zu lassen. Kaum Ausgedacht gehen die Miniautos auch schon in Serie. 1:1 kopiert nur eben in der Größe halbiert freuen sich Sammler und vor allem Kinder über den Mercedes C170, den NSU oder einem VW Käfer aus dem Ü-Ei.
Die Firma Wiking traute ihren Augen kaum und ging sofort in die Offensive. Im Ergebnis verschwanden die Wiking Fahrzeuge aus dem Ü-Ei, brachten es aber bis dahin immerhin auf viele verschiedene Modelle, die heute zum Teil mehrere Hundert Euro wert sind.
Nicht das einzige Beispiel. Viele Hartplastikfiguren der 70er Jahre sehen den zuvor erschienenen Figuren der Firma Heimo oder auch Elastolin sehr ähnlich. Heimo erwarb in den 60er Jahren Lizenzen der Firma Marx, als diese ihren Deutschlandaufenthalt beendete. Eine ganze Reihe Disney-Figuren wurden fortan aus Hart- und Weichgummi produziert. Alle Ü-Ei-Figuren der Serie Disney-Figuren aus den Jahren 1976 - 1978 haben eine Heimo/Marx Figur als Vorbild. Wie sich die rechtliche Situation damals aufzeigte, bzw.. geklärt wurde, ist leider nicht bekannt, doch nur kurze Zeit später begann man offizielle Lizenzen zu erwerben (Die Schlümpfe 1979).
Gerade mit dem Disney Konzern war und ist hier nicht zu spaßen. Das dürfte auch damals schon der Fall gewesen sein. Die Figurenserie Robin Hood 1978 kam im Ei bereits mit deutlicher Walt Disney Production - Kennung heraus. Disney ist ja dafür bekannt, die eigenen Produkte sehr aggressiv in den Medien zu fördern. Die Lizenzabteilung spielt für das Marketing eine übergeordnete Rolle. Als das Ü-Ei 1993 seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte, versuchten andere Firmen in Deutschland auf diesen Zug aufzuspringen. So brachte Nestle seine Wundergugel heraus. Eine Schokoladenkugel mit Überraschung.
Elastolinfiguren waren das Vorbild für diese Ü-Ei-Schätze
Um Ferrero den Markt abzulaufen kaufte man sämtliche seinerzeit aktuellen Disney-Lizenzen auf. Während im Ü-Ei Dapsy Dinos und Happy Hippos regierten, erschienen in der Wunderkugel 101
Dalmatiner, Pocahontas, Herkules und Der Glöckner von Notre Dame. Also alle großen Disney-Filme der 90er.
Dem Ü-Ei schadete das grundsätzlich nicht. Auch wenn man die These aufstellen könnte, dass die Sammelleidenschaft der Ü-Ei-Fans, auch wegen der vielen Eigenkreationen im Ü-Ei schlussendlich
mit den Zirkus-Funny Fanten, abnahm. Als Nestle dies merkte packte man die Figuren kurzerhand auch in sämtliche Frühstücksflockenverpackungen. Es sollte eine möglichst große Streuung erfolgen. Am Ende konnte sich Nestle jedoch nicht durchsetzen. Was bleibt sind einige der schönsten und filigransten
Hartplastikserien der Figurenneuzeit. Nur leider nicht als Ü-Ei-Figuren. Weitere bei Nestle erschienene Disney Serien sind König der Löwen, Dschungelbuch, Toy Story und andere.
Text und Bilder (c) Michael Graf 2021