Die Geschichte des Ü-Ei´s muss man eigentlich nicht mehr groß erzählen. Mit der Idee im Jahr 1974 Spielzeug in eine Kapsel zu stecken und es mit Schokolade zu umhüllen, hat Ferrero einen neuen Markt der Kinderbespaßung erschaffen.
Das Witzige ist. Eigentlich sollte das eine einmalige Sache zu Ostern sein. Die Eier waren auch nicht rot/weiß, wie das heute der Fall ist, sondern blau mit einem Hasen darauf.
Die Sache schlug dermaßen ein, dass das Überraschungsei fortan in Serie ging. Und wie!!!
In den 1970er Jahren beschränkte man sich – noch in den Kinderschuhen steckend – darauf, Spielzeugkleinteile für die Befüllung der Kapseln anzukaufen. Firmen, wie Maraja aus Italien haben jahrelang das Ei bestückt. Von Anfang an waren Spielzeugdesigner wie die Firma Bermes Design (1974 bis 1994) oder Roth (1976 bis 1981) mit im Boot und designten ganze Spielelandschaften für das Ü-Ei in Deutschland.
Ende der 1970er bis Anfang der 1980er bestimmten diese Spielewelten den Inhalt im Ei für Deutschland. Hafen – das Tor zur Welt oder Ritterfest von Freudenberg. Einige Teile daraus gehören heute zu dem Wertvollsten, was ein Sammler besitzen kann.
Natürlich gab es damals auch schon Hartplastikfiguren. Die meisten von ihnen waren zugekauft. Plastikfiguren aus Hong Kong aus den Themenbereichen Tierwelt oder Menschen. Aber auch Lizenzen der Firma HEIMO wurden gekauft und in kleinerem Format ins Ei gebracht. Vor allem Disney-Figuren damals aktueller Filme wie Robin Hood, die Micky Maus Cartoons und Pinocchio.
Kapselfiguren aus der Serie "Weltraum" 1980
Den Sammelboom lösten jedoch 1988 die Hartplastikfiguren aus. Eine vom Desinger Andre Roche entworfene Figur mit dem Namen Susi Sonnenschein brachte den Ü-Ei-Boom ins Rollen. Eine Happy Hippo Marketingoffensive von Ferrero brachte die Nilpferde in alle Munde und in die damals nicht unüblicherweise in Wohnzimmern hängenden Setzkästen. Dann eskalierte das Ganze. Es gibt zudem wohl kaum einen Büroschreibtisch, auf dem nicht irgendwann eine Andre Roche Figur gestanden hat. Meist oben auf dem Monitor mit Tesafilm angeklebt. Diesem Künstler verdanken wir eigentlich alle namhaften Figuren der 1990er. Angefangen von den Hippos über die Drolly Dinos bis zu den Krokos. Googelt diesen Mann mal. Das ist wirklich interessant.
Ü-Ei-Geschäfte, Ü-Ei-Börsen, Ü-Ei-Clubs schossen aus dem Boden. Sammlerkataloge, Zeitrschriften und Geschichtsbücher überschwemmten den Markt. Ja...da war es schon ein Markt. Die Sammlerszene umfasste in den frühen 1990ern mehrere Millionen Sammler weltweit. Vor allem in Deutschland, Frankreich, Italien und Russland wurde gesammelt, was das Zeug halt.
Typischer Beginn einer Ü-Ei-Börse in den 2000ern
Susi Sonnenschein gezeichnet von Andre Roche
Aufgrund des großen Erfolges in Deutschland hatten wir das Glück eigene Serien zu bekommen. Oftmals, oder besser gesagt zu Anfang, waren dies fast ausschließlich Lizenzen namhafter Zeichentrickfiguren. Schlümpfe und vor allem Disney-Serien. Diese Figuren gab und gibt es bis heute nur in Deutschland.
Anfang der 2000er ging der Sammelboom nach gut 13 Jahren rapide zurück. Bis heute hat sich das Gebiet auf wenige Hunderttausend Sammler weltweit zusammengeschrumpft. Die Sammler bemängeln die an die EU-Richtlinien angepassten Inhalte. Lizenzserien sind heute nicht mehr beliebt, sondern eher nervig. Die xte Ice Age Serie, die wievielte Shrek Serie und die hundertste Barbie, oder WinX Club Serie. Findet man irgendwo eine Einzelfigur ohne Beipackzettel, wird es schon schwierig, sie der richtigen Serie zuzuordnen, da sie sich alle stark ähneln. Auch wird bemängelt, dass die Figuren seit ca. 2000 alle irgendwie gleich aussehen. Der Stummelstift hier im Bild ist exemplarisch dafür. Er könnte Teil jeder beliebigen Serie sein, ohne das man das Gefühl hätte, er passe nicht hinein.
Meilensteine (gute und schlechte) der Ü-Ei-Sammlerhistorie
1974 - Das erste Ü-Ei erscheint im Rahmen einer Osteraktion
1979 - Die ersten Schlümpfe kommen ins deutsche Ei und mit ihnen das Konzept fester Serienerscheinungen.
1988 - Die Happy Hippos lösen den Sammlerboom aus.
1992 - Die ersten Dentalfälschungen werden bekannt.
1993 - Der erste O-Ei-A Katalog erscheint und die Drolly Dinos werden die erste Serie, deren Auflage pro Figur eine Millionen überschreitet.
1996 - Eierlei.de wird die erste große Ü-Ei-Web-Seite
1997 - Das Ü-Ei füllt jetzt ganze Berufszweige. Sammlerläden und Ü-Ei-Börsen entstehen.
1998 - eBay fügt der Sammlersparte eine eigene Ü-Ei-Kategorie zu. Ab jetzt wird im großen Stil gehandelt.
1999 - Der Sammelboom geht schlagartig zurück. Fälschungen überschwemmen die Szene
2001 - Herr der Ringe kommt ins Ü-Ei und wird ein Erfolg.
2002 - Die erste Serie mit Star Wars Bezug kommt ins Ei. Die Black Edition wird die begehrteste Figur der Neuzeit.
2006 - Der Ü-Ei-Kindertag in Bonn bringt die Figur Ronnie Riesenei in Umlauf. Es gab sie nie im Handel. Auflage 50.000 Stk. Die ersten Figuren werden mit über 100,- € gehandelt....und heute?
2008 - Der größte Betrug in der Sammlerszene wird aufgedeckt. Der Altfigurenskandal.
2012 - Der letzte SU-Katalog vom Fantasia Verlag erscheint. Die Inhalte und Bilder werden anschließend vom O-Ei-A übernommen.
2014 - Die Serie "Die Überraschungseiparty - 40 Jahre Ü-Ei" bringt alte Klassiker neu ins Ei.
2014 - Der O-EI-A Katalog wird 20 Jahre alt
2016 - Die Internetforenlandschaft für Ü-Ei-Sammler wird immer kleiner. Facebook wird der neue Treffpunkt
2024 - Das Ü-Ei wird 50 Jahre alt. Eine besondere Serie dazu gab es leider nicht.
Wie es mit dem Ü-Ei weitergeht, steht in den Sternen. Die strengen EU-Richtlinien für solche Plastikeiinhalte machen es Ferrero schwer alle Wünsche zu befriedigen. Egal, ob es die vielen EU-Beipackzettel mit Warnhinweisen sind, die seit Jahren noch zusätzlich ins Ei müssen, oder die Tatsache, dass die Figurenoberfläche immer schön glatt und glitschig sein muss, falls sie jemand doch verschlucken sollte.
Fakt ist...die Sammlergemeinde ist beträchtlich geschrumpft. Viele Figuren der Ü-Ei-Hochzeit aus den 1990er Jahren waren so hoch aufgelegt, dass sie jetzt, da es viel weniger Sammler gibt, den "Markt" als Massenware überschwemmen.
Text und Bilder: (c) Michael Graf 2020
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