Sind wir ehrlich. Jedes Mal, wenn wir eine Figur haben, die nicht der Serie entspricht, ist der erste Gedanke, dass es eine sehr sehr wertvolle Variante sein könnte. Man neigt dazu, zuerst vom Seltensten überhaupt auszugehen, bevor man das Offensichtliche überhaupt nur in Erwägung zieht.
Das ist so in allen Sammlern drin. Bei Ü-Ei-Figuren ist das nicht anders.
Immer wieder erlebe ich, dass mir jemand eine Figur zeigt und mir sagt, dass genau diese hier etwas ganz besonderes ist.
In Facebookgruppen z.B. kommt das sehr häufig vor. Der kleinste Bemalungsfehler wird mit der Überschrift Rarität oder Unikat versehen.
Besonders häufig kommt dies bei den sogenannten Sonnenopfern vor.
Was ist ein Sonnenopfer?
Es muss nicht die Sonne sein. Der Begriff könnte auch Umweltvariante lauten. Es handelt sich um Figuren, die sich durch Umwelteinflüsse über die Jahre verändern.
Dass kann Sonne sein. Nikotin sehr oft. Der Setzkasten, der zu nah an der Heizung hing. Staub, der über Jahrzehnte nicht entfernt wurde.
Besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen bei Hartplastikfiguren aus der Zeit 1988 bis 1992. Offenbar wurde hier aus Kostengründen ein Resin für den Guss der Figuren und Lacke verwendet, die den Einflüssen aus der Umwelt nicht abgeneigt waren, um es mal einfach zu formulieren.
Bei den Zwergenserien, Aristocats, Micky und seine Freunde beobachten wir zum Teil extreme Veränderungen des Grundmaterials oder auch der Lacke (Blumentopfzwerge, Aristocats).
Linkes Bild: Der Schirmling mit blauem Schirm und fast weißen Schuhen. Die Sonne machts möglich.
Grundmaterialien dunkeln durch Nikotin nach und machen aus einer weißen Figur eine fast braune. Sonne bleicht Lacke aus, oder färbt sie einfach um. So sehen wir den Schirmling der zweiten Blumentopfzwergenserie oft mit blauem Schirm, obwohl der eigentlich grün sein sollte.
Toulouse von den Aristocats wird oft stark ausgeblichen als Variante präsentiert. Duchesse von den Aristocats gibt es aufgrund von Umwelteinflüssen in zig verschiedenen Beigetönen.
Entlarvt sind sie recht schnell, wenn man nur will. Duchesse hebt man hoch und schaut sich den Boden an. Oft zeigt sich dort die echte Farbe der Figur.
Gerade bei den Sonnenopfern sollte man sich mal die Seite der Figur ansehen, die nicht der Sonne zugewandt war. Ein gutes Beispiel dafür ist die Figur Toulouse hier links. Auf den beiden Bildern ist ein und dieselbe Figur zu sehen. Einmal von vorne und einmal von hinten fotografiert.
Natürlich gibt es Figuren, die durch und durch vergilbt/verfärbt sind. Dann ist alles gleichfarbig. Da muss man schon rabiater werden, um die Wahrheit zu finden.
Die Panzerknacker sind hier ein Paradebeispiel. Seit Jahren werden sie mit hellem und dunklem Grundmaterial gehandelt. In den meisten Fällen handelt es sich bei der hellen Variante jedoch um ein Sonnenopfer. Schaut man auf die Figur rechts....ja...gell...schön hell.
Kratzt man die Farbe von den Schuhsolen, dann kommt das fleischfarbene GMT zum Vorschein.
Aber auch bei Altfiguren bis hin zu den 1983ern Schlümpfen ist dieses Merkmal ausgeprägt. Komischerweise kommt hier kaum einer auf die Idee es eine Variante zu nennen. Hier sagt man schlicht und ergreifend, dass die Figur vergilbt ist.
Bevor man also beginnt von Reichtum, Wohlstand und einem neuen Auto zu träumen, gilt folgendes, hessisches Sprichwort.
„Erst gugge, dann mucke!“
Text und Bilder (c) Michael Graf 2021